Der Gründer und erste Obmann Herr Franz Dannerbauer

Um eine Interessensgemeinschaft zu gründen, bedarf es auf dass Erste eine starke Persönlichkeit, die diese Idee umsetzt. Dies war für unseren Verein Herr Franz Dannerbauer. Als Schuldirektor mit der Führung von Menschen vertraut, als Wanderlehrer der Bienenzucht und Seuchenwart eine kompetente fachliche Ausbildung (teilweise auch in Deutschland) wurde er für 15 Jahre Obmann von Wien- Ostend und später auch vom Wiener Landesverband. Am 19. Februar 1923 fanden sich 9 Imker und eine Imkerin in Simmering (1) zusammen, um den Bienenzuchtverein Wien-Ostend zu gründen. Es waren Jahre des Umbruches, auch in der Organisation der Bienenzucht; der alte Reichsverein aus der Monarchie war in der Auflösung, der Österreichische Imkerbund und der Wiener Landesverband noch in den Gründungsgedanken, so dass vorab sich die Imker auf örtlicher Ebene zusammenschlossen. Wie eben die Imker aus Simmering, Kaiser Ebersdorf, Erdberg, der Wasserwiese und dem Laaer Berg. Franz Dannerbauer – der damals seinen Bienenstand an der Ostbahn hatte – setzte die ersten Schritte hierfür.

Die ersten Bestrebungen war die Suche nach einen geeigneten Standort für einen Vereinsbienenstand, an dem auch die Mitglieder ihre Bienen aufstellen konnten. Ein Platz innerhalb des Schlosses Neugebäude (2) wäre ideal gewesen, doch in Hinblick auf den vorgesehen Urnenhain gab es mit der Stadt Wien keine Einigung darüber, so dass vom 1. Simmeringer Schrebergartenverein außerhalb der Umfassung vom Schloss, vier Schrebergärten gepachtet wurden. Drei wurden an Mitglieder weitergegeben, auf dem Vierten entstand der Vereinsstand. Die Mitglieder spendeten Völker, eine kleine Hütte wurde aufgebaut, Zäune errichtet, Wege saniert und Trachtpflanzen angebaut bzw. gesetzt. Ab dem Sommer 1925 konnte der Vereinsbienenstand benutzt werden. Besonders wurden die Schulklassen der näheren Umgebung eingeladen den Stand zu besuchen, um sie mit den Honigbienen und den Arbeiten des Imkers vertraut zu machen.

Da es außer beim Zentralfriedhof keine ergiebige Trachtmöglichkeiten im Sommer gab – die Schrebergärten wurden ja damals als Grabeland für die Versorgung der Bevölkerung benötigt und die Gärtner in Simmering mussten Wien mit Kraut und Wurzelgemüse versorgen – bilde- ten sich Wandergruppen, die mit Ihren Völker in die Esparsette, Goldrute oder das Vusperkraut fuhren. Da dies mit der Bahn erfolgte, lagen auch die Wanderplätze in der Nähe von Bahnlinien, die über die Ostbahn zu erreichen waren; diese waren zum Beispiel in Ladendorf, Nieder-Kreuzstetten oder Hohen-Ruppersdorf. Bei den Monatsversammlungen wurden die Termine ausgemacht, gemeinsam wurden die Bienenvölker in Wien aufgeladen und vor Ort von der Bahnstation die Beuten mittels Fuhrwerk auf den Wanderplatz gefahren. Meistens blieb ein Imker über die Woche bei den Völkern und am Wochenende kamen die anderen der Wandergruppe zur Volkskontrolle.

Die Weiterbildung zu dieser Zeit erfolgte über die Vorträge von Wanderlehrern bei den Vereinsabenden. In der schönen Jahreszeit erfolgte auch fast monatlich eine Standbeschau, um bei den anderen Imkern etwas abzusehen oder auch manchmal zu kritisieren. Wenn ein Wanderlehrer zu einer Standschau einlud, so scheute man damals auch nicht einen weiteren Weg – mit der Bahn oder Straßenbahn – um bei diesen sich neue Informationen zu holen. Mit den angrenzenden Vereinen Schwechat und Stadlau hatte man gute Beziehungen, so dass es hier auch zu einem regen imkerlichen Gedankenaustausch kam. Obmannstellvertreter Julius Hallaschek hatte als Verwalter am Wiener Zentralfriedhof (3) seit 1911 eine Beobachtungsstation, welche die zu der Zeit üblichen monatlichen Standmeldungen für die Zeitschrift auf das genaueste erfüllte. Dass der Verein immer fähige Imker hatte, ist aus dem Bericht für 1928 deutlich herauszulesen, hatte doch Ostend damals 6 Bienenzuchtlehrer und 2 Bienenzuchtwarte. Dass es ohne Frauen in der Imkerei nicht geht, bewies die Frau vom Obmann, Romana Dannerbauer, indem sie auch die Wanderlehrerprüfung ablegte.

Aus der Meldung für das Jahr 1929 kann ersehen werden, dass der Verein damals 44 Mitglieder hatte, die 301 Völker betreuten. Es wurde ein Ertrag von 2.495 kg angegeben, was somit ein für uns heutigen Imker geringen Ertrag von 8,29 kg je Volk ergibt, jedoch zu dem Durchschnittsertrag des Jahres 1928 mit 4,24 kg fast das Doppelte war. Als Verkaufpreis wurde für Honig 4,50 bis 5,00 Schilling angeben, für Wachs 7,00 Schilling je kg; wobei 5,00 Schilling heute einem Wert von 14,80 Euro entsprechen, jedoch ohne Berücksichtigung der damaligen Kaufkraft. Nach dem Leistungsbericht des Obmannes für das Jahr 1937 war die Mitgliederanzahl bereits auf 55 angestiegen, die 649 Völker hatten. Der Gesamtertrag wurde mit rund 5000 kg angegeben, was rein rechnerisch 7,70 kg pro Volk ergibt.

Die Zeiten des großes Umbruches

Mit dem Jahre 1938 kamen starke Veränderungen in das Land. Die Bienenzucht wurde in die Kleintierzucht untergeordnet und neue straffe Strukturen geschaffen. Die Reinzucht über die Belegstellen wurde propagiert und preußisch ausgerichtet. Der Selbstversorgungszwang bewirkte ein starkes Ansteigen der Imker und deren Völkerzahlen. Ein großes Problem dieser Zeit, war die Beschaffung der Betriebsmittel für die Imkerei; selbst wenn diese vorhanden waren, so konnten nur jene Imker eine Zuteilung erwarten, die ihre Verpflichtungen zur Honigablieferung erfüllten. Doch konnte der Vorsitzende dieser Jahre – Hr. F. Ebenstein – in den nun zweimal monatlichen abgehaltenen Monatsversammlungen doch bis zu 70 Mitglieder begrüßen. Gegenseitige Hilfe unter den Imkern war notwendig, die Funktionäre des Vereines mussten viel organisieren und darauf achten nicht selbst mit Anschuldigungen konfrontiert zu werden. Die letzten Kriegstage brachten zerstörte und verlassene Bienenstände im Vereinsgebiet (4). Aber der weiter bestehende starke Wille zu einer gemeinsamen Interessensgemeinschaft zeigte sich bereits am ersten Vereinsabend nach dem Kriegsende. Im Schutzhaus auf der Wasserwiese fanden sich im Juli 1945 105 Mitglieder ein, um den Verein wieder zu beleben; die mit der Eintragung der Umgründung des Vereines im Vereinsregister mit dem Jahre 1948 abgeschlossen wurde.

Aufbau und starke Veränderungen in der Imkerei

Die ersten Jahre danach galten allgemein dem Aufbau und für die Vereinsmitglieder insbesondere natürlich der Aufbau ihrer Imkerei. Die Versorgungslage verbesserte sich nur langsam, sodass es immer wieder zu gemeinsamen Beschaffungsaktionen kommen musste, wobei auch von der neuen Republik vorerst viel geregelt werden musste. So wurden die Imker damals von den Finanzämtern aufgefordert, ihre Völkerzahl und ihre Erntemengen zu melden. Obmann Josef Fassler berichtete zum Beispiel, dass im Jahre 1955 der Verein 110 Mitglieder hat, aber es erfolgte keine Angaben über die Völkeranzahl oder des geernteten Honigs. Wegen der unklaren Gesetzeslage wurden die Imker angehalten, einen langjährigen Standdurchschnitt von 5 kg anzugeben, bei Wanderungen einen Ertrag von 7 kg. Diese Zeit dürfte bei uns Imkern aber noch stark nachwirken, da auch es heute noch schwer ist, zu korrekten Angaben zu kommen.

Die Vereinsabende waren wieder stark geprägt durch die Wanderlehrervorträge, als auch die Mitglieder angehalten wurden, an Ausstellungen (von Gartenbau- Kleintierzucht- oder Imkerverbänden) teilzunehmen um die Imkerei in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Viele Kurse für die Zucht und das Gesundheitswesen wurden besucht und die Wanderungen wieder aufgenommen. So besuchten viele Imker der Ortsgruppe Kurse am Institut für Bienenkunde in Grinzing, dass ab 1948 eingerichtet wurde.

Doch in diesen Jahren zeigten sich auch die ersten Gefahren der raschen Wandlung der Land- und Forstwirtschaft. Die begehrten Wanderplätze im Wienerwald konnten nun leicht zu Bienenfallen werden. Die Wälder wurden gegen die Forstschädlinge in den Sommermonaten großflächig bestäubt, aber ohne vorher die Imker zu warnen damit diese mit ihren Bienenvölkern abwandern konnten. So wurden viele Bienenvölkern Opfer dieser Schädlingsbekämpfungen, aber auch in der Feldwirtschaft und in den Gartenanlagen wurde auf die neuen Wundermittel gesetzt, ohne auf die Folgewirkungen zu achten. Es bedurfte vieler Gespräche der Imkerorganisationen mit denen der Landwirtschaft um zumindest zu einer gemeinsamen Abstimmung der Spritzmaßnahmen zu kommen. In Folge führten auch die Flurbereinigungen zu einem Verlust von Tracht- möglichkeiten zwischen den Feldern. In den Gärten verschwanden Schritt für Schritt die Gemüsekulturen mit ihren eingestreuten Blumen und wurden gegen Rasen und Koniferen getauscht.

Doch auch die Imkerei änderte sich rasant. Die Forschung vertiefte die Kenntnisse über die Honigbienen, die rasch von den Imkern aufgenommen wurde und in ihren Betriebsweisen einflossen. Die Erkenntnisse über die Drohnen, ihre Sammelplätze und ihren Flugleistungen, führte zu einer besseren Absicherung der Belegstellen und damit zu konstanten Zuchtverbesserungen, die zu ertragreicheren und sanfteren Völker führte. So konnten auch die Simmeringer Imker mehr Honig ernten, doch der weiteren Verbauung des Bezirkes mussten auch viele Standplätze weichen. Einige Imkern wurde nun zu Fernimkern; doch viele gaben ihre Bienenhaltung auf, da es auch meistens an einen Nachfolger fehlte. Diese Forschungsergebnisse führten an den Vereinsabenden immer zu lebhaften Diskussionen; wurde doch manches skeptisch aufgenommen und vieles als nicht notwendig betrachtet, da ja auch schon früher geimkert wurde.

Der älteste Imker Herr Konrad Jirik und Herr Stadler, der jüngste Imker des Vereins

Der Verein heute

Die letzten 30 bis 40 Jahren Vereingeschehen bis heute, mögen den Chronisten für die 100-Jahr-Feier vorbehalten sein, viele Aktivitäten des Vereines haben wir ja selbst erlebt und mit gestaltet und unsere langjährigen Imkerkameraden werden sicherlich den jüngeren aus diesen Zeiten erzählen. Unter www.imkerverein.at – diese Homepage wird von einem engagierten Imker für den Verein betreut – sind die aktuellen Informationen abrufbar und die nächsten Termine angekündigt. Auch heute hat die Weiterbildung der Mitglieder durch die Wanderlehrervorträge innerhalb des Vereines den Vorrang, wenngleich einzelne auch das vielfältige Ausbildungsangebot der Österreichischen Imkerschulen für Ihre persönliche Weiterbildung auf dem Gebiet der Imkerei in Anspruch nehmen. Gern gefragt von den Anfängern, ist auch die Unterstützung in den ersten Schritten der Bienenhaltung durch unsere erfahrenen Imker. Neben dem fachlichen Teil des Vereinslebens gibt es auch gesellige Aspekte, wie Autobusausflüge oder die immer stimmungsvolle Weihnachtsfeier.

Wichtig ist die gegenseitige Unterstützung und das gute Einvernehmen aller Imker und Imkerinnen; da die Bienenzucht nicht an der Grundgrenze aufhört, sondern ihre positiven wie auch negativen Auswirkungen ein großes Umfeld betrifft. Unsere Bienen erbringen im Bestäubungsdienst (5) den 10-fachen Wert dessen, was wir Imker als Belohnung für die Erhaltung der Honigbienen gewinnen können. Wir können auf uns stolz sein, dies für den Bereich Wien-Ost nun schon so langjährig und erfolgreich zu tun, und freuen uns auf die nächsten Jahrzehnte, in denen wir unseren Beitrag für die Natur leisten können.

Anmerkungen

1

In der Römerzeit gab es die Limesstraße entlang der Donau die zwischen Vindobona und Carnuntum durch den Bezirk Simmering führte, aber keine Ansiedlungen.; aus der Awarenzeit blieb eine große Gräberanlage im Bereich von Kaiser Ebersdorf. Als einer der ersten deutschen Ansiedlungen im Wiener Raum wird Simmering (nach den Geschlecht der Simmanigen) bereits 1028 erwähnt, doch blieb die Ortschaft – die im Aufmarschgebiet jedes Feindes der gegen Wien zog lag – klein, nur eine Brauerei ab 1605 war eine Einnahmequelle für die Grundherrschaft. Ab circa 1850 kam es mit der Industrialisierung zu einem rasanten Anstieg der Bevöl- kerung, der Bau der Ostbahn mit Ihren Verzweigungen brachte den Zuzug von Betrieben die Platz brauchten. Ebenso zogen die Gärtner aus Erdberg auf die Simmeringer Heide, wo früher die Artillerie ihre Schießübungen durchführte. Dies führte dazu, dass Simmering und Kaiser Ebersdorf 1892 in die Stadt Wien eingemeindet wurde und seither den 11. Bezirk bildete.

2

Von Kaiser Maximilian II wurde eine große Schlossanlage (Neugebäude im Gegensatz zum alten bestehenden Jagdschloss Ebers- dorf ) geplant und teilweise auch gebaut. Hier befand sich auch der erste kaiserliche Tiergarten. Doch von seinen Nachfolgern wurde Schönbrunn gefördert, so das dass Schloss als Munitionslager verkam. Ab 1922 wurde das Gelände des Schlosses schrittweise als Urnenhain des Krematoriums verwendet.

3

Da die Friedhöfe der Vororte von Wien zu klein wurden, suchte die Gemeinde Wien eine Fläche zur Anlage eines Zentralfriedho- fes. Im Gebiet von Kaiser Ebersdorf wurde dies gefunden und ab 1874 der größte Friedhof (330.000 Grabstätten) von Wien ange- legt. Für uns Imker stellt dieses riesige Gelände (25 ha) mit seinen großen vielfältigen alten Baumbestand eine gute Trachtlage dar, die sogar von auswärts angewandert wird.

4

Das Ziel der Bombenabwürfe auf Wien, lag ja vor allem auf die Gebiete mit Bahnstrecken, Industrieanlagen und den Versor- gungseinrichtungen. Da waren auch die Imker betroffen, die in den vielen Schrebergärten bei den Bahnanlagen in Simmering stan- den oder in den Gärten beim Gaswerk auf der Simmeringer Heide.

5

Albert Einstein wird der Spruch „Wenn die Bienen verschwinden, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben; keine Bienen mehr, keine Pflanzen, keine Tiere, keine Menschen mehr.“ nachgesagt. Nun so schnell wird es nicht gehen; aber die Nahrungs- mittelvielfalt wird geringer und die Welt wird weniger bunt, da nur jene Pflanzen die auf die Windbestäubung ausgerichtet sind, überleben werden.